Weiterentwicklung der Altenheimseelsorge
Philosophische Essays: Texte zu philosophischen Themen, die Weisheit und das menschliche Leben betreffen.
Philosophen-Profile: Porträts bedeutender Philosophen und ihrer Beiträge zur Weisheit.
Diskussionsforen: Foren für den Austausch über philosophische Themen und Fragen.
Lebensphilosophie, oft als Philosophia Vitae bezeichnet, untersucht die grundlegenden Aspekte des Menschseins und behandelt philosophische Fragestellungen, die eng mit der Weisheit und den Erfahrungen des Lebens verbunden sind. Dieses weitreichende und offene Gebiet lädt uns ein, über zentrale Fragen nachzudenken: Was kennzeichnet ein erfülltes Leben? Wie entdecken wir Sinn und Ziel? Was bedeutet Glück wirklich? Die Lebensphilosophie ist nicht nur für akademische Kreise von Bedeutung, sondern strebt danach, diese Überlegungen so zu gestalten, dass sie für jeden zugänglich und relevant sind. Sie fördert eine persönliche und reflektierende Herangehensweise und legt nahe, dass der Weg zur Weisheit nicht darin besteht, vorgefertigte Antworten zu finden, sondern sich auf eine fortwährende Reise der Selbstentdeckung und des Verstehens einzulassen. Durch die Auseinandersetzung mit diesen Themen können wir wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die uns helfen, die Komplexität unseres Lebens zu meistern und eine tiefere Wertschätzung für die menschliche Erfahrung zu entwickeln.
Platon und Aristoteles
Philosophie und Alter sind eng miteinander verbunden, denn Altern ist ein universelles biologisches Phänomen, das alle Lebewesen betrifft. Der Mensch nimmt in der Natur jedoch eine Sonderstellung ein, denn er ist sich seines Alterns reflektierend bewusst und erlebt es nicht nur an sich selbst, sondern auch an anderen, sei es in der Jugend an Eltern, Lehrern und Großeltern oder später im eigenen Leben. Dieses Bewusstsein führt unweigerlich zu einer Auseinandersetzung mit dem Alter, die sowohl individuell als auch gesellschaftlich von Bedeutung ist. Altern und Alter sind für den Menschen nicht nur biologische Prozesse, die erlebt und erlitten, beschleunigt oder verlangsamt werden, sondern sie haben ein existentielles Gewicht, das tief in die menschliche Erfahrung eindringt. Darüber hinaus berühren sie zahlreiche Aspekte des menschlichen Lebens, wie die Berufs- und Arbeitswelt, die Wirtschaft, das Gesundheitswesen, die Politik, die Architektur und nicht zuletzt die sozialen Beziehungen. Die Vielfalt dieser Facetten zeigt, dass Alter und Altern eine hohe Kunst erfordern - eine Kunst, die über bloßes Können hinausgeht und Wissen, Vernunft und moralische Verantwortung umfasst. Die Philosophie, die sich oft als 'demokratisches Unternehmen' versteht, das auf der allen Menschen gemeinsamen Vernunft und Erfahrung beruht, spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie bietet mit ihrer langen Tradition von Begriffen, Argumenten und Problembewusstsein, die von Platon und Aristoteles über die Stoa, Cicero und die europäische Moralistik bis zu modernen Denkern wie Ernst Bloch reicht, einen reichen Fundus für die Entwicklung einer Theorie der Alterskunst.
Gegenüber der übermäßigen Ökonomisierung des Alters, die in der heutigen Gesellschaft immer virulenter wird, fordert die Philosophie eine Gegenkultur zur Kultur der Rentabilität. Die Ökonomisierung manifestiert sich nicht nur in der Sprache, die mit Begriffen wie „Effizienzpakt“ oder „Redundanz“ eine emotionslose Realität verschleiert, sondern auch in der Mentalität, die komplexere Aufgaben fragmentiert, dem Kostendruck Priorität einräumt und letztlich die persönliche Zuwendung in der Alten- und Krankenpflege beeinträchtigt. Ökonomische Fragen sind zwar nicht unbedeutend, aber Wirtschaftlichkeit darf nicht zur alleinigen Maxime werden. Die Philosophie betont vielmehr die Bedeutung ethischer Diskurse, die sich mit der Frage befassen, wie mit alten Menschen umgegangen werden soll und wie eine altersfreundliche Gesellschaft aussehen könnte. Dazu gehören philosophische Modelle wie die Ethik des glücklichen Lebens (Eudaimonismus), die Pflichtenethik (Deontologie), die Ethik des Gemeinwohls (Utilitarismus) und die Moralkritik. Jedes dieser Modelle, die von herausragenden Denkern wie Aristoteles, Kant, Mill und Nietzsche geprägt wurden, bietet einen spezifischen Blickwinkel auf das Alter und das Altern. Während der Utilitarismus wegen seiner Fokussierung auf das maximale Gesamtwohl kritisch gesehen wird, können die anderen Modelle, insbesondere der Eudaimonismus («Glück» heißt im Griechischen «Eudaimonia». Aristoteles ist hier mit seiner Nikomachischen Ethik maßgeblich!), wichtige Impulse für eine Altersethik liefern, die die Suche nach einem guten, glücklichen Leben im Alter in den Mittelpunkt stellt. Die Philosophie zeigt damit, dass Alter nicht nur als biologischer Prozess oder ökonomisches Problem verstanden werden kann, sondern vor allem als Herausforderung und Chance, die menschliche Existenz in ihrer ganzen Tiefe zu reflektieren und zu gestalten.
Das Altern ist ein unvermeidlicher Teil des Lebens, eine Reise, die wir alle von dem Moment an antreten, in dem wir geboren werden. Während sich leider die moderne Gesellschaft oft auf Jugend und Vitalität konzentriert, sind die Weisheit und Erfahrung, die mit dem Alter einhergehen, von unschätzbarem Wert. Im Laufe der Geschichte hat die Philosophie tiefe Einblicke in den Prozess des Älterwerdens gewährt und Anleitungen gegeben, wie man diesen Lebensabschnitt mit Anmut und Sinn bewältigen kann.
Große Denker haben sich über Jahrhunderte hinweg mit der Komplexität des Alterns auseinandergesetzt. Von Ciceros „Cato maior de senectute" (zu deutsch "Cato der Ältere über das Alter"), in dem das Potenzial des Alters für fortgesetzte Beiträge und intellektuelle Aktivitäten gewürdigt wird, bis hin zu Simone de Beauvoirs kritischer Analyse der gesellschaftlichen Haltung gegenüber älteren Menschen hat die Philosophie ein reiches Spektrum an Perspektiven zu dieser universellen Erfahrung geliefert. Niemand wird alt, wenn er nur eine bestimmte Anzahl von Jahren lebt. Der Mensch wird nur alt, wenn er seine Ideale aufgibt. Die Jahre mögen die Haut runzlig machen, aber den Enthusiasmus aufzugeben, runzelt die Seele. (Vgl. Samuel Ullman)
Leider scheint das Thema des Alterns in der zeitgenössischen Philosophie etwas vernachlässigt worden. Die Disziplin, die sich oft mit abstrakten Konzepten und theoretischen Rahmenwerken beschäftigt, hat anscheinend den Kontakt zu der praktischen Weisheit verloren, die erforderlich ist, um den Einzelnen durch die Herausforderungen und Chancen des späteren Lebens zu führen.
Es ist zwingend notwendig, dass die Philosophie ihre Rolle als Orientierungshilfe für die Bewältigung des Alterungsprozesses wiederentdeckt. Wir müssen uns erneut darauf konzentrieren, eine „Kunst des Alterns“ zu entwickeln, einen philosophischen Rahmen, der sich mit den einzigartigen Herausforderungen und Möglichkeiten des Älterwerdens befasst. Dieser Rahmen sollte erforscht werden:
Die Bedeutung des Vermächtnisses:
Wie können wir in den späteren Lebensabschnitten Sinn und Zweck finden, indem wir über unsere vergangenen Erfahrungen nachdenken und einen Beitrag für künftige Generationen leisten?
Die Akzeptanz von Veränderungen:
Wie können wir eine Mentalität der Akzeptanz und Anpassungsfähigkeit kultivieren, wenn sich unsere körperlichen und geistigen Fähigkeiten verändern?
Die Wichtigkeit von Beziehungen:
Wie können wir sinnvolle Beziehungen pflegen und Einsamkeit und Isolation im Alter bekämpfen?
Der Wert der Weisheit:
Wie können wir die durch jahrelange Erfahrung erworbene Weisheit nutzen, um fundierte Entscheidungen zu treffen und anderen als Ratgeber zur Seite zu stehen?
Indem sie sich mit diesen Fragen auseinandersetzt, kann die Philosophie wieder wertvolle Einsichten in die Kunst des Alterns vermitteln und den Menschen helfen, ihren Lebensabend mit Würde, Lebensziele und einem Gefühl der Erfüllung und Sinnhaftigkeit zu verbringen. Es ist an der Zeit, dass die Philosophie ihre Position als Leitfaden für ein sinnvolles Leben zurückerobert, auch wenn die Jahre voranschreiten.
„Kraft und Wohlgestalt sind Vorzüge der Jugend, der des Alters aber ist Blüte der Besonnenheit.“
Demokrit, griechischer Philosoph, 460 oder 459 v. Chr. – um 370 v. Chr.
Die Initiative im Rahmen des Menschenbildes: Weisheit im Alter
In unserer westlichen Welt ist das Menschenbild oft von Erfolgsdenken und Leistungsorientierung geprägt. Wir messen den Wert des Menschseins oft an dem, was wir erreichen und leisten. Begriffe wie "erfolgreiches Altern" spiegeln diese Vorstellung wider und suggerieren, dass wir unser Leben bis ins hohe Alter aus eigener Kraft gestalten und kontrollieren können. Was aber, wenn uns Krankheit, nachlassende Kräfte und der Verlust der Selbstständigkeit an unsere Grenzen bringen?
Das moderne philosophische Menschenbild, das Autonomie und Selbstbestimmung in den Vordergrund stellt, stößt im Alter oft an seine Grenzen. Am Ende des Lebens, im Angesicht der Endlichkeit, erkennen wir, dass der Wert unseres Lebens aus einer tieferen Quelle kommt, die über unsere Fähigkeiten hinausgeht. Wir werden geboren, wir empfangen unser Leben als Geschenk, wir sind angewiesen auf die Natur, auf die Liebe und auf die Gemeinschaft mit anderen Menschen.
Menschsein ist untrennbar mit Beziehungen verbunden. Unsere Würde wurzelt in unserer Beziehung zu Gott und zu den Menschen, die uns tragen und auffangen. Menschsein entfaltet sich in Gemeinschaft. Diese relationale Sicht des Menschen, die uns der Schöpfungstext aus Genesis vermittelt, erinnert uns daran, dass wir als Ebenbilder Gottes geschaffen sind, um in Beziehung zu treten und füreinander da zu sein.
Auch wenn das Alter Einschränkungen mit sich bringt und wir loslassen, verzichten und leiden müssen, bleibt der Wert unseres Menschseins unantastbar. Die Beziehungen zu anderen, die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft und die Annahme von Begleitung definieren uns als Menschen. In dieser Lebensphase konzentriert sich das Leben auf die besondere Würde des Geschehenlassens und Annehmens. Denn aus biblischer Sicht gründet die Würde des Menschen darin, dass die Beziehung zu Gott keine Grenzen kennt - sie besteht über den Tod hinaus.